Essays |
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Babyboy - Klaus Kinski auf kleinster Bühne Erstdruck in: Macondo 13, Bochum, Juni 2005. |
![]() ▲ Cover Macondo Nr. 13 (2005) |
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Heutige Prominenten-Autobiografien wirken gegen Kinskis
druckvolle, meistens dick hingemalte, dann wieder unwirsch raffende Lebenserinnerungen
wie Dreiliterautos gegen ein V8-Monster. Dabei ist Kinski als Hauptfigur
und Mittelpunkt sonst nur unter Werner Herzogs Regie grandios. Zahlreiche
Regisseure bauten ihn ab den Sechzigern gezielt als verrückten Nebendarsteller
ein, als Kontrapunkt, als bewegten Starrer und vitalistischen Zombie.
Er selbst wusste früh, dass vom Schrott allein seine Erscheinung
übrig bleiben würde. Der Bürgerschreck benutzte und beherrschte die tradierten Formen, doch im Ganzen hatte er keinen Sinn fürs Maß. Kinski war nicht avantgardistisch, er war überdosiert. Ohne die Hemmnisse der Ensemble-Arbeit, ohne die Heerscharen von Spießern, die ihn einengten und aufhielten, ausgerechnet ohne die Kleingeister hätte er wenig Brauchbares hinterlassen. Der Eichborn-Verlag druckte 2001 schaurige aufgefundene Gedichte von ihm (deren Herkunft bezweifelt wurde), und sein einziger eigenproduzierter Streifen ist ein wirrer, verwaschener Super-8-Stummfilm. Kinski solo zu genießen, ohne ihn zu sehen und zu hören - in seinen Büchern ist es möglich. Hier steht er auf denkbar kleinster Bühne und gibt sich portionierbar. Dichtung oder Wahrheit? Als Phänomen sind seine Memoiren die großartigste Männer-Phantasie des zwanzigsten Jahrhunderts. (...) |
![]() ▲ Klaus Kinski: Ich brauche Liebe (1991) |
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